Donnerstag, 4. Juni 2020

Der Körper nimmt sich seine Zeit, indem er sich den Knöchel verknackst.
Meine Reisen führten mich in das Land, das keiner will: das Saarland, und weiter noch: Rhein-Hessen.
Der Rhein ist dort so groß wie Spargelfelder.
Fast am Ziel richtete mich das Navi durch eine unmögliche Straße: ein Wohngebiet, steil bergab. Ich bin überbreit: 2,40m wegen der Maschine, wo 2,20m breit der große Hänger ist.
Die Straße war sehr eng. Zur Linken begrenzt durch eine Mauer und rechts war vor den Häusern ein schmaler Trottoir, aber beparkt mit SUVs.
Gerade so konnte ich irgendwie ohne bemerkte Kratzer durch diese Gasse manövrieren. Mir war klar, durch diese Straße würde ich nicht zurück fahren.
Ich tat dort unten meinen Job und frug den Ansässigen nach einem besseren Weg, ohne schmale Straßen schnell auf eine Breite zu gelangen. Er riet mir: gleich rechts und dann gleich auf die Bahnhofstraße. Das war auch gut so, zuerst. Die enge Straße konnte vermieden werden. Dann jedoch lotste das Navi wieder nach links, und ich befand mich im Berufsverkehr auf einer schmalen Hauptstraße bergauf. Es war 17 Uhr. Der Verkehr stockte. Weiter gings hoch, auf der Gasse in ihrem historischen Häuserkorsett aus der Zeit der Ochsenkarren, stand da oben in der Kurve ein Betonmischauto von einer Baustelle!
Mit meinen 2,40m Breite und insgesamt 12m Länge brauch ich weiten Ausscherrbereich in großer Lücke vom Gegenverkehr, dass ich da vorbeikomm an dem Betonmischauto.
Und dann war's zu steil. Der Bus hat Frontanttrieb und hinten am Hänger die 2t Traktor + Maschine hingen bergab. Die Reifen quietschten und qualmten, die Leute zückten ihre Handys, aber bergauf kam ich nicht.
Einzige Möglichkeit fern der Heimat: die Polizei anrufen und sich mit schwerem Gerät vom THW retten lassen.
Quelle: google maps

Auf dem Bild sieht man keine Autos, weil die das immer früh morgens fotografieren. Im Berufsverkehr ist die Linie voll. Die 160m bewältigen 16 Höhenmeter im Schnitt. Das ist 10cm Steigung auf einen Meter, aber oben beim Betonmischer in der kurve wars exponentiell steiler; jedenfalls ging vorwärts nichts mehr. Und hinten dran war lange Schlange heim wollender Berufspendler. Denen half auch keiner.
Am Betonmischer ein Pole, der die Verantwortung darüber hatte, dass meine Spur jetzt verstopft war. Polen trau ich so manches zu. Er meinte, ich solle meine Reifen mit Wasser nass machen und es nochmal probieren. Wasser hatte ich in meiner Trinkflasche. Warum nicht!
Er hatte eine ganze Wasserleitung am Betonmischer mit Schlauch und flutete die kompletten Fahrbahnen, während der Verkehr fluchte.
Das Begießen des Asphalts half auch nix. Ich setzte den Polen hinter das Steuer meines Busses. Polen haben ein besonderes Verhältnis zu Fahrzeugen.
Aber er konnte auch nix. Dann wollte er noch anfangen, Luft aus meinen Vorderreifen zu lassen, wovon ich ihn abhalten konnte. Zwar war die Auflagefläche der Reifen zu erhöhen eine pfiffige Idee, aber was kam danach? Mit meinem Gespann passe ich nicht in die nächste Tanke zum Wiederaufblasen.
Den Traktor vom Hänger fahren ließ die Steilheit der Steigung nicht zu.

Es konnte also nur rückwärts gehen, irgendwie. Ab lief ich den weg, wie weit wohl rückwärts zu fahren wäre, wenn da kein Pendelverkehr wäre: schon weit :/
Ich bin noch wahrlich kein Profi im rangieren von großen schweren Gespannen, aber in Situationen, wo einem keiner hilft, selbst wenn man weinen würde, lernt man hart. Es fand sich ein lieber Südländer auf einer anderen Baustelle der Langstraße, der rekrutiert werden sollte, zu schauen, dass hinter mir keiner in den Anhänger reinfährt, wenn ich rückwärts runterrutsche. Denn die Auffahrtklappe hinten am Hänger ist so hoch, dass man aus den Seitenspiegeln des Busses nicht sieht, ob dahinter ein Trabbi zum überholen ansetzt, grade wenn man in den anderen Spiegel reinschaut.
Weil so ein Hänger rückwärts, der will immer dahin, wo man nicht will und das Auto keinen Platz hat zum schwenken.
Gehsteige hatte die Langstraße nicht wirklich.
Im Berufsverkehr waren sogar 2 Klein-LKWs, die es auch vorbei geschafft haben. Und so tastete ich mich gaaanz langsam mit Vorsicht und Notwendigkeit retourig, Dezimeter für Dezimeter.

Als ich vor der Backegasse stand, wollte aus dieser ein Riesen-Lastwagen heraus, mit einem aufgebrachten Fahrer, der mein sich Anstellen überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Bei einer etwaigen Verfilmung dieses Stoffes wäre der Lastwagenfahrer von Karl Dall zu spielen.
Der Italiener verschwand mittendrin und musste gesucht werden, andere wollten helfen, wussten aber auch nicht wie und mussten wegkomplimentiert werden,
letztendlich hab ich für die 160m zurück 1h gebraucht und bin nachher einen weiten Bogen gefahren, um nicht mehr nochmal nach Gau-Bischofsheim zu kommen.
Aus der Reihe "Abenteuer, die man nicht braucht"

Die Fahrt ging weiter richtung Saarland ins Hotel. 140km ohne Autobahnraststätte, wo man hätte tanken können, schon herwärts nicht.
Irgendwann ging die Tankanzeige ins Rote. Laut Navi hätt ichs noch grad so ins Hotel damit geschafft, aber leer. Und dann Unfall vor der letzten Ausfahrt: man muß von der Autobahn herunterfahren und ist entlassen.
An einem Supermarkt fand sich abends dann ein Platz, Diesel aus dem Kanister im Bus in den Tank zu gießen und mit der Country hour von SWR1 nach 20 Uhr gings weiter über schmale Landstraßen, Kurven und Berge zurück auf die Autobahn bis dahin, wo man schonmal runter ist und nix war.
Aber hat alles geklappt.


und noch eine unnötige Geschichte auf einer anderen Tour letzte Woche: es ging nach Bayern für mehrere Tage. Erster Anlaufpunkt vom Süden her war ein Spot im Speckgürtel von Würzburg. Aus der Saarland-Misere gelernt hatte ich: Tankstellen entsprechend meiner Tankkarte schätzen zu lernen.
Vergessen hatte ich dabei: die Würzburger Bullen.
So verließ ich die Tankstellenausfahrt, sie folgten mir. Ich fuhr brav 80km/h.
 Sie überholten mich: Schrift: Bitte anhalten! am nächsten Parkplatz, wogleich der Azubi sich mit Einweggesichtsmaske an meiner Tür breit machte: Papiere und ob ich verdeckte Waffen anbei hätte, wollte er wissen. Ich sollte es gleich zugeben, dann wäre ich "kooperativ", wenn sie dann sonst was finden würden, wäre das schwerwiegender.
Man könnte ziemlich vieles aus meinem Bus als Waffe interpretieren. Ich habe alle Werkzeuge und Maschinen dabei.
"Ja, In meiner rechten Tasche habe ich: ein Brotzeitmesser!" antwortete ich ihm richtig.
"Zeigen Sie mal her!"
Es war: ein stumpfes Klappmesser von meinem Grillbesteck, mit rotem Griff.
Drogen: Wenn ich was dabei hätte, dann sollte ich es gleich zugeben, weil wenn sie sonst mit dem Hund kommen müssten, würde das sehr lange dauern.
Er hatte seinen Text auswendig gelernt und vorab im Rollenspiel mit Kollegen erprobt.
"Ich hab mit sowas nichts zu tun" entgegnete ich ihm, doch er bohrte weiter: Wenn ich beispielsweise am Vatertag in einer Runde 1-2 mal an einem Joint gezogen hätte, dann wäre das wahrscheinlich garnicht mehr nachweisbar, und wenn wäre das nun keine Straftat, sondern eine geringe Ordnungswidrigkeit, die sowieso fallengelassen würde, meint er, verschweigt aber die Meldung an die Führerscheinstelle.
"Aus dem Alter bin ich draussen", sag ich ihm. Da beißt er sich fest an meinem "Draussen": "Was meinen Sie mit "Draussen" ? Waren sie schonmal drinnen?"
Sag ich ihm ins Gesicht: "Ich war auch mal jung."
Wann ich denn meinen letzten Joint geraucht hätte, wollte er unbedingt wissen.
Mir fiel es nicht ein, wenn überhaupt. Der wollte einem fast Worte in den Mund legen.
Dann musste ich noch aussteigen, meine Hosentaschen ausleeren und 3 Tests bestehen:
1) Arme ausstrecken, Augen schließen, Kopf in den Nacken legen und dabei bis 30 zählen. Warum darf jemand sowas mit mir machen? All lives matter!
2) An der Bordsteinkante 7 Schuhlängen geradeaus hintereinander tapsen und so wieder umkehren, und
3) Folge mit den Augen dem Kuli ohne den Kopf zu bewegen.

Ergänzend zum Punkt, dass ich keine Ausfallerscheinungen beim Fahren hatte, und zum Punkt, in seinem Computer nicht bekannt zu sein (Aha :) ), ersparte er uns den Piss-Test, obwohl ich schon ziemlich schnell bis 30 gezählt hatte!

Der zweite Amtsmann hatte noch Anmerkungen zum Hänger, die darin endeten, dass ich eine Kurbel so fest anziehen musste, bis ein Bolzen flog, den seither ein 2,5er Imbusschlüssel ersetzt.
Am nächsten Parkplatz stand dann der Bus mit dem Ausbilder, bei dem die Nachbesprechung stattfand. Auf dem Parkplatz auf der anderen Autobahnseite standen auch welche. So ist das bei Würzburg am ersten Werktage nach Vatertag.

Ob es letztendlich besser ist, ohne Sprit in der Fremde liegenzubleiben, oder mit Sprit von Polizei zerlegt zu werden, das ist die Wahl zwischen Gicht und Gammel.