Mittwoch, 10. August 2016

Bürokratie update:

Gestern sagt dann der Chef zu mir in der Mittagspause, ich könne heimgehen und bräuchte nicht mehr kommen.

Und so war es.

Was bisher geschah:

Durch eine Kurzfristige Beschäftigung bei einem Saisonbetrieb war es mir möglich, nach 2,5 Jahren endlich die private Krankenversicherung verlassenzukönnen, deren Tarif die Ärzte in all ihren Dienstjahren nicht erlebt hatten und mir einen Haufen Bürokratie gemacht hat.

Am Montag erst, hatte ich nach 6 Wochen Arbeit den Arbeitsvertrag bekommen, mit Arbeitsende nun Freitag, und hatte diesen unverzüglich zum Arbeitsamt geschickt um ihrer wiederholten Aufforderung zur Mitwirkungspflicht nachzukommen, anbei Lohnzettel und Lohneingang und einer Bitte, mir doch gleich einen neuen HartzIV-Antrag mitzuschicken.
Dieser Bitte sind sie bis heute nicht nachgekommen.

Als der Chef bei der Arbeit gestern meinte, es gäbe bis zum Ende der Woche keine Arbeit für mich, bin ich danach direkt zum Arbeitsamt. Die Tür war offen, aber an der Anmeldung erfuhr ich, es war trotzdem ausserhalb der Öffnungszeit.

Also hatte ich heute was zu tun.

Passend dazu passierte mir neulich, aus einer Wühlkiste auf einem Gehsteig in der Wiehre ein 3-D-Buch vor dem Regen zu retten, welches ich nun Zeit habe, zu lesen:




Mit Weisheiten wie "Müßiggang ist die Mutter der Tugenden" hat sich der auch-ehemalige Lehrer hoch auf die Liste meiner Lieblingsautoren geschrieben.
Aus dem Hamsterrad der Vollzeitarbeit heraus, freue ich mich nun, die Wartezeiten im Arbeitsamt mit dieser Lektüre zu genießen.


Der Frau am Empfang hab ich verkündet: Ich hätte gerne einen Arbeislosengeld-Antrag/ HartzIV. Da schaute sie in ihren Computer und meinte, ich müsste bei einer Kurzfristigen Beschäftigung nicht den kompletten Neuantrag ausfüllen, sondern einen Weiterbewilligungantrag, den ich nach dem nächsten Wartebereich bekommen würde.

Das Buch liest sich sehr gut: Aus seiner Kindheit in der mütterlichen Schneiderei erzählt Waggerl:
"Dann wurde die Nähmaschine in den Schiebkarren geladen, ein Korb mit Werkzeug kam dazu, und obenauf ein seltsames einbeiniges Wesen, die Kleiderpuppe. Die Mutter hatte sie selber genäht und kunstvoll mit Heu ausgestopft, eine Göttin der fraulichen Üppigkeit, aber doch ein bißchen unheimlich anzusehen, weil ihr der Vater statt des Kopfes eine gläserne Gartenkugel auf den Hals gekittet hatte. So trug die Hohlköpfige alles in wunderlicher Verzerrung nach außen zur Schau, was sich sonst im Innern verbirgt, aber eben das sei für ein Gleichnis zu nehmen, meinte der Vater, so verhielt es sich mit den meisten Weiberköpfen."  
Lustig, tiefsinnig, einfach, Humor mit einem Körnchen Wahrheit - Momente der Muse.

Das Fräulein vom Arbeitsamt hörte sich meine Story an, schaute in ihren Computer und meinte, ich müsste nichteinmal einen Weiterbewilligungsantrag stellen, da meine Leistungen ob der Kurzfristigen Beschäftigung, nur ausgesetzt wurden und ich doch lediglich Arbeitsvertrag, Lohnzettel und Lohneingang aufs Konto nachweisen müsste, + ein kleines Anschreiben, dass ich weiter Leistungen beziehen will.
Genau das hatte ich ihr vor 4 Tagen mit der Post geschickt.
"Mit der Post?" entgegnete Sie, "Bringen Sie es lieber nochmals persönlich hier bei der Anmeldung vorbei!"

Gut, weiß ich schon was ich morgen mache: nochmal alles kopieren und wieder herkommen.

Das mit dem Wechsel zur Gesetzlichen Krankenkasse hat geklappt. Kurzzeitig war ich zwar bei 3 Kassen, meiner Wunschkasse, bei der AOK UND der Privaten Versicherung versichert, habe mich aber nun doch nur für eine entschieden.
Stress mit der GEZ-Befreiung wegen der paar Wochen scheine ich so auch nicht zu bekommen und die Mieterselbstauskunft muß ich auch nicht wieder vom Vermieter erfragen.
Gottseidank auch, dass bei den 7 Wochen Maloche ohne Sicherheitsschuhe nichts passiert ist; kein Finger gequetscht, keinen größeren Sachschaden verursacht, kein allzugroßer Ärger, nur 1 Paar kaputte Schuhe, 3 kaputte Hosen, nur mehr leichte Rückenschmerzen und der Bauch ist fast weg - wird aber wieder.

Endlich wieder Herr der eigenen Zeit, ende ich mit Waggerls Schlußworten des ersten Kapitels:

"Nur ein erfülltes Leben gibt einem Menschen wirklich Wert und Festigkeit in seinem Wesen, nicht Bildung oder feine Lebensart oder was wir sonst noch für wichtig halten, - nur ein erfülltes Leben. Ein Mensch muß ins Ganze wachsen wie ein Baum, der sich streckt bis zum Äußersten seiner Gestalt und keinen Zweig in seiner Krone verkümmern lässt, den ihn der Himmel zu tragen erlaubt. Wohin führt uns am Ende alles Geschwätz über Gott und die Welt, kann es uns trösten, zufriedener machen, weiser? ..."

Ein gebundener Spalierbaum wird möglicherweise sogar älter als ein freier Baum, aber seine wahre Baumgestalt erreicht er nicht.
Ein Baum wächst nicht in den Keller, wo er kein Baum sein kann. Ein Baum muß wachsen, wie er mag.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen