Freitag, 7. September 2012

Der Steinwald


Südlich des Fichtelgebirges in Bayrisch-Kongo erstreckt sich der Steinwald zwischen Fichtelnaab- und Waldnaabtal. Der Steinwald ist über 350 Millionen Jahre alt, somit älter wie die Alpen, fast 1000 Meter hoch, und im Sommer ist da mal 3 Monate kein Winter. Wir sind los von Pfaben (in der Landessprache "Pfoum"), knapp 2,5h zum Oberpfalzturm. Man geht dann dauernd durch Wald, über Wege aus Wurzeln, Gras und glitzernden Granitstaub. Und es passiert Nix. Man geht und geht und geht, ....: Wieder Nix. Dann geht man weiter und weiter und plötzlich steht da ein fetter Stein und man flippt aus. Bloß wegen einem Trum Felsen.
Das Gelände ist zur Frühzeit der Dinosaurier entstanden, weil sich die Kontinente da verwurschtelt haben. Wind und Wetter und der Zahn der Zeit haben dann wieder viel zu Staub zermalen, und übrig bleiben Felstürme mitten im Wald. Manche sehen aus wie Burgen, manche wie Sofakissen, manche wie stumme Wesen aus einer anderen Zeit und wirken auch so. Besonders der erste Fels war war aber wirklich so krass, dass es einem die Rückenhaare aufzwirbelt und den Hinterkopf hochkribbelt. Man wird echt euphorisch und weiß nicht, warum. Es ist ja nur ein Stein, eigentlich! Also auf der Bovis-Skala hätte der sicher eine 18.000.
Über den Wald verteilt gibt es immer wieder krasse Brocken aus Stein, die einen gewaltig beeindrucken. Der Steinwald ansich bietet keinerlei Attraktivität. Es gibt nur 2 Sorten von Bäumen: Fichten, und die mit der weißen Rinde heißen "Birken". Es gibt nur 2 Farben: mattes Graugrün von Nadeln und Gras, und rötliches Braun von den Stämmen der Bäume. Man hört keine Vögel, man sieht keine Tiere, das Wetter ist kalt, Reizreduziertheit aufs Äusserste, absolut Nix galore und mittendrin dann wieder so ein hoher Granitfels, der einen so verschickt, weil er gar so einen krassen Kontrast zur Monotonie der Waldkulisse darstellt. Und dann geht man dahin und bekommt nachundnach eine ganz tolle Laune. Richtig gut drauf kommt man, obwohl - ja oder gerade weil nix is, außen um einen herum. Mein Wandergefährte war schon zweimal in Las Vegas, dem Superlativ von Gaudi und Zerstreuung, das aber nicht solch Hochgefühl zu vermitteln vermag, wie jener Wald aus Nix und den paar Felsbrocken.










Wenn diese Freude also nicht durch äußere Reize zustande zu kommen scheint, sonst hätten's ja lieber in Las Vegas alles voll Fichten gepflanzt, woher kommt sie dann? Zwangsläufig muß sie aus dem Innenheraus entstehen. Wenn das Aussen durch seine Langweiligkeit verschwimmt in Nichtexistenz, so verliert der Mensch als Individuum seinen Bezug, sich von der Schöpfung abgrenzen zu können und wird eins mit allem. Dann ist man nicht mehr der, der den Briefkasten ausleeren muß, nicht mehr der, der Montags wieder den Deppen machen muß. Man ist dann gar niemand mehr - man ist einfach nur mehr und das tut gut.


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