Samstag, 2. Juli 2016

Neulich am Bau

Eigentlich hab ich da oben ja überhaupt nichts verloren, aber dann eigentlich schon. Höhe ist scheiße, wenn man hinunterfällt ist man kaputt. Trotzdem zwingt einen manch Situation, wie der Bau eines platzsparenden Hochhauses, sich der Höhe auszusetzen. Aber vor dem Fall kommt bekanntlich der Hochmut, dem man sich nicht zu exzessiv hingeben sollte.
Schön ist die Sicht trotzdem.













Mein Job war es, Zeug an den Kran zu hängen.
Dazu müssen die Pakete ersteinmal gut vergurtet werden, damit nichts im Schwung rausrutscht. Ein Kran ist im Vergleich zum Menschen so groß, wie ein Pferd zu einer Schnecke, also höher als ein Hochhaus. Diese Übergröße allein ist imposant. Hannibals Elefanten für die antiken Alpinen war ein Dreck dagegen.
Größer kennt man ja von Kirchtürmen und Bäumen. Das krasse an Kranen ist jedoch ihr Schwingen mit dem Arm und unten am Arm sind Haken, schwere Eisenhaken. Für den Kran sind die Haken Finger und Zäne zugleich. Damit kann er schwingen und greifen.
Vielleicht kennt ihr das verpeilte Fliegen von diesen großen Libellen im Sommer auf Waldwegen. Eigentlich tun sie ja nichts, diese Libellen. Aber ihr verpeiltes Fliegen auf einen zu und wieder weg und hinter einem, so mancher empfindet das alarmierend.
Ein Kran mit seinen Kettenhaken taucht plötzlich aus der Luft vor einem auf und fliegt dann wieder ganz weit weg, weil der Kranarm und das -seil so lang sind.
Ich fühle mich dabei nicht wohl.
Und wenn dann der Kran ein Paket mit allem möglichen durch die Luft schwingt, zwischen gleitenden Schwalben und fightenden Falken, dann wird einem allein vom Hinschauen auf das Paket in der Luft noch mehr schwindelig.
Wenn man noch dazu selber das Paket verzurrt hat, ist einem noch unwohler, wegen der großen Verantwortung, wenn sich aus Phlegmatie etwas vom Paket löst, auf ein Auto oder einen Familienvater fällt und diesen durchbohrt.
Aber auf einen kann man sich in diesem Fall verlassen: Der Kranführer!
Der Kranführer ist der härteste: Von morgens bis Feierabend sitzt er dort oben in seinem Kabuff in schwindelerregender Höhe, kann die Beine nicht bewegen, Er hat Verantwortung und dreht sich noch dabei, mal so rum und mal so rum. Diziplin und Präzision, das wird von ihm verlangt, auch wenn eine Biene zu ihm reinfliegt oder Krähen die Kanzel attackierten. Ein Kranführerschein geht 3-12 Tage, je nach Kran und kostet bis zu 3000 €. Danach griegt er +/- 2.500 brutto. Für die Notdurft hat er oben einen Pot mit Chemie, schätz ich.
Mit dem Kranführer kommuniziert man mit einem Funkgerät, oder mit den Armen, das funktioniert auch sehr gut, auch über die kurwa polnisch-deutschen Sprachgrenzen hinaus.
Ein Respect geht noch an die Crew, die den Kran stabil und lotrecht aufbauen, dass der auch bei Wind und Wetter stehen bleibt wie er soll. Das ist wahre Präzision!
Wenn ihr also das nächste mal an einem modernen Haus vorbeigeht, denkt Euch, ohne einen Mann wäre das nicht gegangen.
Die Erfindung des Turmdrehkrans vor 100 Jahren erst ermöglichte den Verzicht auf Ziegelsteine, die man leichter hochschleppenhättekönnen. Jetzt geht das schneller, höher, weiter, wie alles heutzutage, wobei die Aufopferung der Kranführer schon vieles Erleichtert.
Schöne Grüße an alle Kranführer!

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