Freitag, 14. Dezember 2012

Die Lokalspieler im Slowclub

Es war ein Tip von Balkan-DJane Iguana, sie steht auf abgefahrene Musik, der mich zum ersten Mal in den Slowclub lockte: eine Combo mit Zither, Melodika, Tuba, Gitarre, Waschbrett/Cajon und Schifferklavier. Und wäre der Glühweinstand der Alten Wache am Weihnachtsmarkt nicht so überfüllt gewesen, und nicht noch vorher die Waschmaschiene ausgelaufen und der Kleiderschrank auseinandergekracht, ja, times of change, dann wäre ich auch noch rechtzeitig zum ersten Lied gekommen. Versäumt habe ich das Lied, bei dem alle singen, ausser dem Percussionisten. Der kann nicht singen und hat dafür angeblich mit einem Blasebalg die Melodika beblasen, weil die Melodika-Spielerin auch gesungen hat und so ihren Mund nicht frei hatte.
Haslacher Str scheint eigentlich eine eindeutige Adresse. Aber das Eck zwischen Schmitz Katze und Bahn ist erstaunlich verwinkelt und voll von komischen Etablissements. Bei der angegebenen Hausnummer findet sich eine Latino-Tanzschule und in den Hinterhof hinunter war es so glatt, dass ich zu Fuß kaum wieder hochgekommen wäre. Hochkommen kann man ums andere Eck rum wohl in der "Villa". Aus  "Peters Schlupfwinkel" schlupfte ein kleiner Afro-Europäer, der glaubte, zu wissen, wo der Slowclubeingang war: auf der rechten Seite des Tanzschul-Gebäudes hinter, an den Mülltonnen vorbei, links die weiße Tür. Den Schriftzug konnte ich nicht lesen, er sieht aus wie "sCon qmys".
Für Volksmusik konnte sich mein Führer nicht begeistern, ich musste ihn gehen lassen.
Drinnen an der Kasse steht ein Fernseher, der den Innenbereich zeigt, und die Dame vor mir ließ sich Zeit, zu debatieren, dass ich auch gleich die Clubkonditionen erfahren hab: Es sind nur abundzu Veranstaltungen im Slowclub, und für einen Jahresbeitrag von 30€ erhalten die Mitglieder einen Eintrittsnachlass von in diesem Falle 2€. Mann, warum macht niemand dieses Konzept für einen Reggae-Club? Der Slowclub ist mehr ein Punker-Schuppen. Die Thekerin hatte sogar gepiercte Lippen. Ansonsten gibt es eine Theke mit Bio-Bier für 1,50€, eine Couch, einen Tisch, einen Stehtisch und die Bühne. Auf der Bühne die 6 Leute und machen ihre Musik. Frontmann ist der Zitherspieler, der auch singt und zwischen den Liedern durch die Show führt. Zu hören gabs, außer Landler, Walzer, Polka und Zwiefachem, auch Songs von Beethoven, Springsteen und Bony M. Heiteres und Besinnliches. Für mich heimatlich-vertraute Klänge, für die anderen bizarr-apartes Kabarett. Da kommt man sich mit seiner Trachtenjacke vor wie der schmuckverkaufende Indianer, wenn Touristen seine Kultur dekorativ konsumieren, ohne zu verstehen.
Zu meinen Hochzeiten war ich vergleichsweise besser wie er, mit der Zither, aber er spielte alles auswendig, sang zugleich und setzte Anregungen des Publikums unverzüglich in Liedtext um. Und nicht nur mit der Tuba harmoniert das Instrument erstaunlich gut, auch mit Rhythmusbesen auf Waschbrett. Lustige Jungs! Das schönste Konzert seit langem.


Wer Appetit bekommen hat, die Lokalspieler begleiten am 22.12. eine improvisierte Talkshow in dem noch obskurerem Club "Finkenschlag" in Haslach, der so klein sein soll, dass man die Getränke beim Kiosk nebenan kauft.

Fazit:  im einfaltslosen Freiburg ein spärliches Kultur-Bonbon!

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